Justage
Die Tonarmjustage dient dazu, den Spurfehlwinkel, welcher bei radial gelagerten Tonarmen auftritt, über den gesamten Abspielvorgang möglichst klein zu halten.
Grundlagen
Beim Schnitt einer Masterfolie taucht ein Stichel in eine rotierente, mit Nitrozellulose überzogene Aluminium-Scheibe. Bei angelegtem Signal wird der Stichel proportional zum Verlauf des Signals ausgelenkt und schneidet so die modulierte Rille. Durch einen Vorschubmotor wird der Schneidkopf von außen nach innen bewegt, so entsteht die spiralförmige Rille. Der Schneidkopf legt dabei allerdings stets eine gerade Strecke zurück, d.h. er steht immer tangential zur entstandenen Rille.
Radialtonarme sind um eine Achse außerhalb des Plattentellers drehbar gelagert. Die bei der Abtastung zurückgelegte Strecke des Tonabnehmers entspricht einem Kreisbogen, der Winkel zur Rille ändert sich kontinuierlich im Laufe des Abspielvorgangs. Man spricht von einem Spurfehlwinkel. Bei einem geraden Tonarm mit gerade montiertem Tonabnehmer gäbe es nun bestenfalls einen Punkt, in welchem dieser Fehlwinkel null beträgt, also der Tonabnehmer wieder auf einer Tangente zur Rille liegt.
Indem man den Tonabnehmer leicht verdreht ("gekröpft") anbringt oder den Tonarm selbst gebogen konstruiert, erhält man zwei Punkte, in denen die Nadel tangential zur Rille liegt und hält so den Spurfehlwinkel über den gesamten Abspielvorgang möglichst klein. Diese beiden Punkte ("Nulldurchgänge") liegen je nach Justiersystem an verschiedenen Stellen. Dies liegt allenvoran daran, dass Schallplatten unterschiedlich weit nach innen bespielt sind (kein einheitlicher Mindestradius des Rillenendes) und die Ersteller der Systeme an verschiedenen Stellen Kompromisse eingehen. Wird der innere Nulldurchgang beispielsweise sehr weit innen gewählt, sind die Verzerrungen im durchschnittlich bespielten Bereich etwas größer. Benutzt man allerdings eine Variante, welche den inneren Nullpunkt weiter außen vorsieht, kann es bei sehr weit nach innen bespielten Platten zu einem deutlichen Anstieg der Verzerrungen im inneren Bereich kommen. Nach DIN liegen die Nulldurchgänge beispielsweise auf den Radien von 62,5 und 117,5 mm<ref>Tonarm- und Tonabnehmer-Justage, HiFi-Wohnraumstudio Dipl.-Ing. Wolfgang P. Odenthal</ref>.
Weiterhin existieren Justierschablonen, welche für die Wiedergabe von 7"-Singles optimiert sind und deren Nulldurchgänge nur im Bereich dieses Schallplatttendurchmessers liegen, bei Langspielplatten aber für größere Verzerrungen sorgen würden.
Tangentialtonarme
Nicht betroffen von der Problematik sind Tangentialtonarme. Diese werden analog zum Schneidestichel auf einer Gerade bewegt und liegen so über den gesamten Abspielvorgang tangential zur Rille.
Justage der Tonarmgeometrie
Die beiden Variablen, welche bei der Justage angepasst werden, nennt man Überhang und Kröpfung. Um diese einzustellen, existieren verschiedene Schablonen, manche käuflich erwerbbar und andere aus dem Internet herunterladbar (siehe "Weblinks").
- Der Überhang beschreibt, um wie viel größer die effektive Länge des Tonarms ist als der Achsabstand zwischen Plattenteller- und Tonarmachse. Bei Tonarmen, die sich über die Plattentellermitte schwenken lassen, kann man Mitteldorn und Nadelspitze auf eine Linie bringen und den Abstand zwischen diesen messen.
- Die Kröpfung gibt an, um wie viel der Tonabnehmer zur (gedachten) Tonarmachse verdreht ist.
Bei den meisten Justierschablonen läuft der Vorgang folgendermaßen ab:
Messung des Achsabstandes
Mithilfe eines auf der Schablone aufgedruckten Lineals lässt sich der Achsabstand bestimmen. Dazu misst man den Abstand zwischen dem Mittelpunkt des Plattentellers (Mittelzapfen) und dem Mittelpunkt des Tonarmlagers. Dies geschieht, indem man die gerade Kante der Schablone z.B. an einem Buch anlegt sodass die Nullmarkierung des Lineals auf dem Zapfen liegt und man am Linel die Position des Mittelpunktes des Tonarmlagers abliest.
Grobeinstellung des Überhangs
Die Nadel sollte auf dem für die Überhangseinstellung markierten Punkt absetzbar sein. Liegt sie dagegen vor oder hinter diesem Punkt, muss der Tonabnehmer nach vorne bzw. hinten verschoben werden.
Justieren des Kröpfungswinkels
Nun wird die Nadel auf dem für die Kröpfungseinstellung vorgesehenen Punkt abgesetzt. Liegt die Tonabnehmervorderkante parallel zu den Linien auf der Schablonen, ist die Justage korrekt. Bei einigen Schablonen existieren verschiedene Punkte für die verschiedenen effektiven Tonarmlängen. Ist dies nicht der Fall, werden die Schrauben gelockert und der Tonabnehmer so verdreht, dass dieser parallel zu den Linien liegt. Nun muss wieder zum ersten Punkt zurückgekehrt werden, um den Überhang erneut zu überprüfen. Diese beiden Schritte werden wiederholt, bis sowohl der Überhang an der richtigen Stelle liegt und Kröpfungswinkel entsprechend der Linien eingestellt ist.
Einstellen des Auflagegewichts
Zum Einstellen des Auflagegewichtes dient entweder ausschließlich die drehbare Skala am Gegengewicht des Tonarms oder eine eigene Tonarmwaage (z.B. Shure SFG 2).
Bei der Einstellung per Gewichtsskala wird zunächst das Gewicht so eingestellt, dass der Tonarm weder nach vorne noch nach hinten kippt, sondern möglichst in der Schwebe gehalten wird. Ohne das Gewicht zu verschieben, lässt sich nun die Skala auf "0" drehen. Nun lässt sich an der Skala das gewünschte Gewicht einstellen.
Die Anti-Skating-Einstellung
Durch die Reibung der Nadel in der Plattenrille entsteht bei der Abtastung eine Kraft, die aufgrund des zuvor eingestellten Winkels ("Kröpfung") des Tonabnehmers nicht vollständig vom Tonarmlager aufgenommen werden kann. Die tangentiale Gesamtkraft teilt sich in zwei senkrecht zueinander stehende Kräfte auf: Der größere Teil wirkt in Richtung des "gedachten, geraden Tonarms", also der Linie zwischen Tonarmlager und Nadelspitze. Die kleinere, im rechten Winkel dazu stehende Kraft, wirkt zum Platteninneren. Durch die Kröpfung weicht allerdings die tatsächliche Rillentangente von der Linie des "gedachten" Tonarms ab, die dabei verbleibende Restkraft zieht den Tonarm in Richtung Plattenmitte. Eine fehlende Kompensation würde daher dazu führen, dass die Nadel nicht in der Mitte der Rille liegt, sondern an die linke Rillenflanke gedrückt wird, was eine einseitige Abnutzung dieser zur Folge hätte. Es handelt sich dabei also nicht, wie vielfach angenommen, um eine durch durch die Einwärtsbewegung des Tonarms entstehende Fliehkraft oder ähnliches.
Zur Kompensierung dieser Kraft existieren verschiedene Vorrichtungen, die allesamt den Tonarm in Richtung Plattenäußeres ziehen. Bei den meisten Tonarmen ist dies mit einer einstellbaren Feder gelöst, bei wiederrum anderen gleicht ein kleines, hängendes Gewicht die Skating-Kraft aus. Die Skating-Kraft hängt unter anderem von Auflagegewicht und Nadelschliff ab, weshalb bei vielen Gerätem eine Einstellung anhand des Auflagegewichts an einer entsprechenden Skala möglich ist. An manchen Geräten existieren auch mehrere Skalen für die verschiedenen Nadelschliffe, für eine optimale Einstellung ist dennoch der Einsatz einer Testschallplatte nötig.
Eine oftmals empfohelene Einstellungsmethode sieht vor, mit einer leeren Platte mit glatter Oberfläche den Wert so einzustellen, dass der Tonarm weder nach innen noch nach außen driftet. Dies ist allerdings nicht wirkungsvoll, da die Kraft eine andere ist, wenn die Nadel in einer Rille läuft<ref>Beschreibung der Testschallplatte "Vinyl Essentials - The Ultimate Pickup Test Record" von image hifi</ref>. Es existieren daher Einstellplatten, welche ein stetig im Pegel ansteigenes Monosignal aufweisen. Dabei muss das Anti-Skating so lange verstellt werden, bis beide Kanäle zeitgleich zu verzerren beginnen. Die Nadel befindet sich dann in der Rillenmitte und die Abtastfähigkeit ist mit Eintreten der Verzerrungen erreicht bzw. überschritten.
Ein korrekt eingestelltes Anti-Skating verringert auch den (einseitigen) Verschleiß der Rille, eine genaue Einstellung unter Realbedingungen (mithilfe einer Testschallplatte) ist daher zu empfehlen.
Weblinks
Einzelnachweise
<references />